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eGbR – was gilt ab dem 01.01.2024

Liquidation ohne Sperrjahr bei laufendem Besteuerungsverfahren

Gemäß § 73 Abs. 1 GmbHG ist Bestandteil einer Liquidation ein „Sperrjahr“.
Dieses beginnt mit dem Liquidationsbeschluss und dessen Bekanntmachung, mit der die Gläubiger aufzufordern sind, sich bei der Gesellschaft zu melden und ihre Ansprüche mitzuteilen, § 65 GmbHG. Gemäß § 73 Abs. 3 GmbHG haftet der Liquidator im Falle der Nichteinhaltung dieser Vorschriften.

Das OLG Hamm hält eine Liquidation ohne Sperrjahr für zulässig, wenn die folgenden Voraussetzungen vorliegen:

  • Die Auflösung der GmbH ist durch die Gesellschafterversammlung beschlossen.
  • Der Liquidator ist bestellt.
  • Der Liquidator hat die Löschung der Gesellschaft beim Handelsregister beantragt und dabei erklärt,
    • dass Vermögen der Gesellschaft nicht vorhanden ist,
    • keine Zahlungen auf Geschäftsanteile ausstehen,
    • keine Ansprüche und Forderungen von dritter Seite einschließlich der Steuerbehörden gegen die Gesellschaft bestehen,
    • keine Rechtsstreitigkeiten anhängig sind und
    • kein Fall der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vorliegt.

 

Wichtig ist, dass das Registergericht dabei keine „begründeten Zweifel“ hat, dass die Gesellschaft doch nicht vermögenslos ist. Dabei ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung streitig, ob eine noch ausstehende Steuererklärung per se für diese Annahme ausreichend ist (so OLG Hamm, Beschluss vom 21.5.2021 – 27 W 25/21, Kammergericht, Beschluss vom 22.7.2019 – 22 W 29/18) oder ob ein Erstattungsanspruch jedenfalls in Betracht kommen muss (so OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.08.2019 – I-3 Wx 80/17).

Der BGH hat jetzt klargestellt, dass die bloß abstrakte Möglichkeit der Änderung oder Aufhebung einer Steuerfestsetzung (in dem zu entscheidenden Fall aufgrund einer Außenprüfung) nicht ausreicht, um die Beendigung der Liquidation und das Erlöschen der Gesellschaft im Handelsregister anzumelden (BGH, Beschluss vom 09.11.2021 – II ZB 1/21). Vielmehr müsse davon auszugehen sein, dass ein Anspruch auf Steuerrückerstattung tatsächlich bestehe.

Für die Löschung von Gesellschaften, die bei dem Handelsregister des AG Charlottenburg geführt werden, wäre nach der bisherigen Rechtsprechung des Kammergerichtes weiterhin darzulegen, dass die Besteuerungsverfahren abgeschlossen sind. Mit der Rechtsprechung des BGH könnte aber auch dargelegt werden, dass eine Steuererstattung nicht in Betracht kommt. Eine bloß pauschale Erklärung des Geschäftsführers wird hierzu nicht ausreichen; möglicherweise aber die entsprechende Erklärung des Steuerberaters zur Vermögenslosigkeit der Gesellschaft. Damit käme eine Löschung ohne Sperrjahr auch bei nicht abgeschlossenem Besteuerungsverfahren wieder in Betracht.

Eine Steuernachprüfung steht der Löschung allenfalls dann entgegen, wenn konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Vermögenslosigkeit der Gesellschaft aufgrund der Steuernachprüfung bestehen.